Welch nette Überraschung - eine Einladung zur Weinprobe! Leider wissen Sie wenig bis gar nichts über Wein. Kein Problem: Alles, was Sie brauchen, um Wein richtig zu verkosten, sind drei Sinne - Sehen, Riechen und Schmecken. Sinneseindrücke, die kein Richtig oder Falsch kennen. Den Wein zu beurteilen lässt sich lernen; mit Zeit und Praxis baut sich Erfahrungswissen auf. Doch wie steigen Sie ein?
Wein richtig verkosten ist eine Kunst! Ein paar Grundregeln
Vielleicht führt Sie Ihre erste Weinverkostung zu einem kleinen, aber feinen Weinhändler. Wo Qualität vor Quantität rangiert und spannende Vielfalt zählt. Vor Ort werden Sie unter Anleitung eines erfahrenen Sommeliers interessante Weine in entspannter Runde für den privaten Weinkeller probieren - oder als Gastronom Inspiration für Ihre Weinkarte erhalten. Für beste Konzentration sind dabei störende Einflüsse wie würziges Essen, Kaffee oder Rauchen tabu. Zum Einstieg genügen ein Schluck Wasser und etwas Weißbrot. Der Wein ist bereit - dekantiert und angemessen temperiert.
Nun wird ein dünnwandiges Glas ausgewählt. Erster Wein wird im Glas geschwenkt: So haben die Wände vollen Weinkontakt. Dieser Wein wird anschließend ausgeschüttet. Das Glas ist nun neutral, ohne Fremdaromen oder Spülmittelreste. Damit nichts den Eindruck verfälscht, müssen Sie das Weinglas auch richtig anfassen. Weil Ihre Hand Wärme abgibt, hat sie in Kelchnähe nichts zu suchen. Stattdessen fassen Sie das Glas am Stiel. Je kleiner das Weinglas, desto weniger Finger sollten zugreifen: Für ein zierliches Weißweinglas genügen Daumen und Zeigefinger, während beim ausladenden Rotweinglas der Ringfinger mitassistiert.
Mehr als Rot, Weiß oder Rosé: Wein optisch begutachten
Ihre Hand schwenkt behutsam das Glas, Ihr Auge beobachtet: Welche Farbe hat der Wein? Das Spektrum verrät einiges zu Alter und Qualität, Traube und Gärung. Rotweine präsentieren sich - von hell nach dunkel - als kupferfarben, ziegelrot, granatrot, rubinrot und violett. Bei Weißweinen erfolgt die Einstufung nach Intensität - von Stroh über Gelb und Gold bis zu Bernstein. Ein Rosé kann sowohl pink als auch lachs- oder kupferfarben erscheinen. Rotweine werden mit zunehmendem Alter heller, Weißweine dunkler. Ihr Wein ist zur Mitte Dunkelrot, Richtung Rand eher purpurn bis violett? Wahrscheinlich ist Ihr Auserwählter ein jüngerer Wein. Altert dieser später - z. B. sechs Monate im Eichenfass zum Crianza und darauf zum Reserva - wandelt sich seine Nuance nach Orangerot oder Braun. Denn mit langer Lagerung sinken die Farbpigmente nach unten. Trotzdem ist ein dunkler Rotwein nicht automatisch jünger, sondern könnte lediglich aus einem heißeren Anbaugebiet oder einer farbenprächtigen Rebsorte stammen. Ein junger Weißer erscheint zunächst leicht grünlich oder strohgelb, um mit Reife und Alter einen Goldton anzunehmen. Wichtig: Betrachten Sie den Wein vor einem neutralen Hintergrund, wie einer weißen Serviette oder einem Bogen Papier. Anschließend tragen Sie Ihre Farbentdeckungen in die bereitliegende Verkostungsnotiz ein. Neben fertigen Auswahloptionen gibt es dort auch Platz, um individuelle Eindrücke zu notieren.
Immer der Nase nach! Wein riechen
Nachdem Sie Ihren Wein optisch begutachtet haben, tauchen Sie in sein Bouquet ein. Kurzes, beherztes Schwenken intensiviert den Aromaeindruck. Womit habe ich es zu tun? Ist der Wein blumig, eher fruchtig, mineralisch, holzig oder duftet er nach Kräutern? Welche Aromen sich zeigen, bestimmen u. a. Rebsorte, Fermentierungs- und Alterungsprozess sowie Fasstyp. Weißweine verraten z. B. Zitrusfrüchte wie Zitrone oder Grapefruit, aber auch Tropisches von Ananas bis Mango. Rotwein Aromen begeistern mit Erdbeere, Himbeere, Brombeere oder Heidelbeere. Ihr Tropfen stammt aus einem amerikanischen Eichenfass? Tabak- oder Kaffeearomen sind hier keine Seltenheit, während französische Weine Ihre Herkunft gern durch Gewürze von Muskat bis Vanille verraten. Nur zu - stecken Sie die Nase ins Glas und atmen Sie kurz, aber tief durch. Wie ist der erste Eindruck?
Geben Sie auch weniger dominanten, versteckten Nuancen eine Chance, indem Sie die Verkostung mit der Nase öfter in kurzen Intervallen wiederholen. Dann notieren Sie Ihre Eindrücke. Aber bedenken Sie: Keine Nase, keine Wahrnehmung ist wie die andere. Sondern hängt davon ab, welche Geruchserinnerungen Ihr Gedächtnis bereits abgespeichert hat, um diese mit der aktuellen Erfahrung der Weinprobe abzugleichen. Auch, ob Sie aktuell erkältet sind, Parfüm tragen oder Raucher sind, spielt für die Bewertung eine Rolle.
Wie schmeckt der Wein? Reifungsprozesse
Die drei Haupt-Geschmackskategorien primär, sekundär und tertiär mit Rebsorte und Terroir bestimmen darüber. Primäre Aromen schmecken besonders intensiv - z. B. nach Gewürzen oder Früchten - bei praktisch unbegrenzter Bandbreite. Sekundäre Aromen können ebenso intensiv und breitgefächert sein, aber entwickeln sich erst später, im Rahmen der Gärung. Tertiäraromen schließlich entfalten sich mit wachsender Reife - in der Flasche oder im Fass. Ein Prozess, in dem sich würzige und fruchtige Moleküle entkoppeln, um anschließend frisch an andere Strukturen anzudocken. Das Ergebnis? Ein Aromenspektrum von aufregender Vielfalt.
Endlich! Jetzt darf der Wein probiert werden
Vier elementare Geschmacksrichtungen gibt es zu entdecken: süß, salzig, sauer und bitter. Jede Richtung wird in einem speziellen Mundbereich geschmeckt. Süß ist für die Zungenspitze reserviert. Salzig schmecken wir an den unteren Rändern der Zunge, sauer an den oberen und bitter am Zungenende. Jeder Wein bietet alle vier Geschmacksrichtungen; einen guten Wein erkennen Sie an der Harmonie dieser vier Geschmacksaspekte. Mit der richtigen Technik erleben Sie maximalen Geschmack. Außerdem offenbart sich die Textur des Weines am Gaumen: Wie fühlt er sich im Mund an? Samtig, cremig oder ölig? Dazu schlürfen Sie kurz einen Esslöffel Wein, behalten diesen im Mund, rollen ihn am Gaumen und "kauen" ihn sanft. Wie ist sein Charakter? Frisch und leicht? Oder imposant und gehaltvoll? Nehmen Sie sich genug Zeit. Was geht Ihnen durch den Kopf? Die erste Intuition trügt selten. Erst dann erspüren Sie genauer: Wo im Mund schmeckt dieser Wein wie - und wie intensiv? Nun dürfen Sie schlucken - und dabei prüfen: Welchen Nachgeschmack beobachte ich - und wie lange? Verflüchtigt sich der Wein direkt im Nachgang, könnte bei der Qualität noch Luft nach oben sein.
Ihr Fazit: Wie performt der Wein insgesamt?
Jetzt kommt der Moment der Entscheidung: Erfüllt dieser Wein meine Erwartungen oder ist er eine Enttäuschung? Oder, anders gesagt - nicht alles, was intensiv duftet, muss auch intensiv schmecken. Alle Nuancen und Beobachtungen zu Farbe, Alter und Intensität, die Sie im Rahmen der Weinprobe erkannt haben, stehen jetzt säuberlich notiert auf Ihrer Verkostungsnotiz, ergänzt um Ihre ganz persönlichen Entdeckungen. Schon sind Sie frisch gebackener Genießer mit Prüfkompetenz. Hat Ihr Kandidat das Zeug zum Lieblingswein? Fakt ist: Ein guter Wein ist ein ausgeglichener Wein - und besteht als solcher alle Phasen der Verkostung mit Bravour!